„Bitte entnehmen Sie eine kleine Schachtel Kunst!“ – Der Kunstautomat
von Simon Brinkmann und Friedrich Boell
Verkaufsautomaten haben eine lange Geschichte und sind einem starken Wandel unterworfen. So weisen ältere Modelle einen eigenen Charakter auf, der sich nicht nur optisch, sondern auch akustisch manifestiert. Der Klang des Münzeinwurfs und das Ziehen der Schublade mit dem Mechanismus der sich aufspannenden Feder sind Geräusche, die aus unserem modernen Alltag nahezu verschwunden sind. Wir möchten mit dem Kunstautomaten die Eindrücke der Bedienung eines solchen Automaten spielerisch aufgreifen und in die Monheimer Altstadt bringen. Der Automat ist eine interaktive Klang- und Lichtinstallation: Sobald man den erforderlichen Betrag einwirft, produziert das stählerne Gehäuse im Inneren Geräusche und Klänge. Die kleinen Fenster, die einst die Zigarettenmarken anzeigten, sind dynamisch und bunt beleuchtet. Ausgelöst durch den Münzeinwurf entsteht eine kurze Klang- und Lichtchoreografie, die mit dem herausziehen der Schublade wieder erlischt. Die Benutzerinnen und Benutzer werden so eingeladen, für kurze Zeit mit dem Automaten zu spielen. Jede Bedienung wird zu einem kleinen Moment der Überraschung und zu einem besonderen Erlebnis. Damit der Automat auch in den Abendstunden wahrgenommen wird, sorgt eine Dauerbeleuchtung, die auf das Beleuchtungskonzept des Gebäudes abgestimmt ist, für Aufmerksamkeit und Interesse.
Der Automat ist bestückt mit Schachteln, in denen sich kleine Kunstwerke wechselnder Künstlerinnen und Künstler befinden, die gegen den eingeworfenen Betrag erworben werden. Die Kunstwerke, gefertigt als Editionen in kleiner Auflage, spiegeln in ihrer Vielfalt die Bandbreite künstlerischer Darstellungsmöglichkeiten im Miniaturformat. (Text: Brinkmann/Boell)
Der Kunstautomat wurde am 1. Oktober 2021 eingeweiht. Er hängt außen neben dem Eingang der Kunstwerkstatt in der Turmstraße 20 und ist rund um die Uhr zugänglich.
Das Ziehen eines Kunstwerks kostet 4 Euro, bezahlbar ausschließlich in 2 Euro-Münzen. Lassen Sie sich Zeit, und lauschen Sie, bevor Sie eine der Schubladen aufziehen!
Die Schachteln mit den kleinen Kostbarkeiten sind unsortiert im Automaten gestapelt. Welches Kunstwerk Sie ziehen, ist eine Überraschung; welche Kunstwerke zur Auswahl stehen, ebenfalls! Unten finden Sie Inormationen zu den Künstlerinnen und Künstlern, deren Editionen aktuell im Kunstautomaten verfügbar sind.
Sobald eine Edition vergriffen ist, wird sie unten im Archiv angezeigt. Hier finden Sie mit der Zeit Informationen zu allen Kunstwerken, die für den Kunstautomaten geschaffen wurden – vielleicht haben Sie ja das ein oder andere in Ihrer Sammlung.
Aktuelle Editionen von:
Maximilian Erbacher, 1970 in Rosenheim geboren, studierte unter anderen an der Kunsthochschule für Medien Köln bei Valie Export, Jürgen Klauke und Stefan Römer, sowie an der Akademie der Bildenden Künste München bei Res Ingold. Für seine Arbeiten im öffentlichen Raum erhielt er unter anderen den Förderpreis der Landeshauptstadt München (2016), des Institut für Kunst im öffentlichen Raum des Universalmuseum Joanneum in Graz (2014) und war Artist in Residenz am Goethe Institut Bangalore, Indien (2014) und Digital Art Studios Belfast, Nord-Irland (2007). Gründete 2002 Mehlhaus Ateliers und 2009 Opekta Ateliers und 2011 den Off-Space BOUTIQUE-Raum für temporäre Kunst in Köln.
Seine Werke umfaßen raumgreifende Installationen, Performances und Interventionen im öffentlichen Raum. Er arbeitet bei seinen Aktionen immer vor Ort in verschiedenen Städten und greift in bestehende örtliche Begebenheiten zunächst fast unsichtbar ein. Sein nüchterner Blick führt uns zu Orten, an denen die Kommunikation zwischen Ort und Mensch gestört ist. Durch geringfügige Verschiebung gewohnter Sehweisen stellt Erbacher unsere vermeintlichen Erfahrungen und unser Wissen auf die Probe.
Zandra Harms, *1968 in Hamburg, lebt und arbeitet in Köln, studierte bei den Bildhauern Peter Buchholz und Joachim Bandau, an der Kunstakademie Münster. Neben vielfältigen Förderungen erhielt sie eine Katalogförderung und ein Arbeitsstipendium der Stiftung Kunstfonds, Bonn. Außer dem das Stipendium der Dormagen-Guffanti-Stiftung in Köln, sowie 2024 eine dreimonatige Residenz im Keramion in Frechen. Ihre Werke wurden in zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland gezeigt, unter anderem im Kunstverein Aschaffenburg, im Deutschen Künstlerbund Berlin, im Kunstpalast Düsseldorf, in der artothek Köln, OPENART Örebro in Schweden, im Raum für Gäste Aachen und in der Kunsthalle Wilhelmshaven.
Carola Keitels Arbeit für den Kunstautomaten ist eine Einladung zur Partizipation. Durch gemeinsames Wirken wird die Arbeit fertiger. Alle, die einen Teil der Arbeit aus dem Kunstautomaten ziehen, sind herzlich dazu eingeladen mitzumachen.
Website: www.carolakeitel.com
Ob am nördlichsten Vulkan Deutschlands, ein Laden nur für Fehlkäufe, Rumhängen in Monheim oder dem Büro für Freiraum im Flensburger Rathaus.
Die Projekte von Christiane Limper sind immer ungewöhnlich.Studiert hat die gebürtige Flensburgerin an der Kunstakademie Düsseldorf.
Sie verwirklicht Installationen und partizipatorische Projekte an der Schnittstelle von Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft zu Fragestellungen der heutigen Zeit.
@christianelimper
https://christianelimper.wordpress.com/
Linda Nadji (*1972, Teheran) lebt und arbeitet als freischaffende Künstlerin in Köln. Ihre künstlerische Praxis bewegt sich an den Schnittstellen von Bildhauerei, Installation und Performance. In ihren raumbezogenen Arbeiten nimmt sie sich gegebener Situationen an, greift über teils marginale Transformationen in diese ein und verändert gewohnte Sichtweisen.
raumarbeiterinnen ist ein transdisziplinäres Kollektiv, bestehend aus Sophie Netzer, Kerstin Reyer, Simone Barlian und Theresa Muhl.
In Österreich und über die Landesgrenzen hinaus tätig, beziehen sich ihre Arbeiten meist auf den öffentlichen Raum und setzen sich intensiv mit der Architektur–Menschbeziehung bzw. Architektur-Körperbeziehung auseinander. Die Reaktivierung des Raumes, das Hinterfragen des Nutzungsverhaltens sowie die Förderung von Kommunikation und Diskurs vor Ort stehen dabei im Vordergrund. Als Grundlage dienen empirische Beobachtungen und raumtheoretische Ansätze. Für das prozessorientierte Arbeiten an ausgewählten Orten werden je nach Anforderungen spezifische Medien und Methoden gewählt. Die Projekte münden schließlich in performativen Installationen, in welchen sich Orte mit Bewegungen, Sound und Objekten überlagern und somit als theatrales Stück fungieren können.
https://raumarbeiterinnen.org/about/
Die Arbeiten von Daniel Schulz basieren auf seiner langjährigen Faszination für visuelle und philosophische Gegensätze. Er verwendet vor allem Gips und Silikon, um die Polarität von modernen und klassischen Ansätzen darzustellen. Dabei nutzt er sowohl gefundene als auch selbst modellierte Formverweise aus den verschiedensten Epochen, woraus sich eine frische, universelle Kombinierbarkeit ergibt. In einer zunehmend digitalen und virtuellen Welt setzt Schulz bewusst auf handfeste, greifbare Objekte. Mit organischen, festen Materialien wie Gips stellt er einen Gegensatz zu seiner oft collageartig angeordneten Bildsprache her. Schulz hinterfragt, wie aktuelle Phänomene gespeichert und dargestellt werden könnten, konserviert Bilder für die Zukunft und verändert sie dabei nach seinem eigenen Duktus. Schulz verwendet Schablonen und Abgüsse als flexible Platzhalter für seine Motive, die zeitdifferenziert eingesetzt werden. Dadurch entstehen neue Möglichkeiten der Interpretation. Sein Arbeitsstil lädt dazu ein, über den Wert von alten Formen in der heutigen Zeit nachzudenken. Gleichzeitig bremst er die schnelle Bilderflut des digitalen Zeitalters und hält neugewonnene Eindrücke für die Nachwelt fest. Seine Arbeit erweckt den Forschergeist, ohne sich auf festgelegte Informationen berufen zu müssen.
Ruth Weigand, 1978 in Münster geboren, studierte an der Universität der Künste Braunschweig und am Institut Supérieur des Arts de Toulouse bei Bogomir Ecker und Frances Scholz. Stipendien erhielt sie unter anderem vom DAAD, dem Land NRW und dem Land Oberösterreich. Artist in Residence war sie im Salzamt Linz (2020), und der Kunstfakultät der Universidad Nacional in in Bogotá (2016). Ruth Weigand hatte Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen unter anderem in Berlin, Köln, München, Portugal, der Türkei und Frankreich.
Archiv der vergriffenen Editionen:
Friedrich Boell lebt und arbeitet in Bonn.
Er wurde 1982 in Wesel geboren und ist in Xanten am Niederrhein aufgewachsen. 2008 schloss er seine Ausbildung zum IT-Systemelektroniker bei der Stadt Remscheid ab, wo er anschließend langjährig als IT-Service-Techniker beschäftigt war. Hier entdeckte er die Ressource Elektroschrott als Grundlage für künstlerische Projekte. 2015 begann er ein Grundständiges Studium der Medialen Künste an der Kunsthochschule für Medien Köln. Er beschäftigt sich seither mit Technologien wie Reverse Engineering, 3D-Druck und Design und Robotik, um Installationen und Objekte zu kreieren. Seit 2013 ist er aktives Mitglied beim Verein Rhizom e.V., welcher sich für Kunst und Kultur im öffentlichen Raum einsetzt.
Simon Brinkmann lebt und arbeitet in Köln.
Er wurde 1988 in Hannover geboren und lebt seit 10 Jahren in Köln-Kalk. 2018 schloss er sein Studium an der Kunsthochschule für Medien (KHM) in Köln ab. Im Rahmen seiner Diplomarbeit beschäftigte er sich mit selbstspielenden Musikinstrumenten und anderen Automaten. Die Arbeit bestand aus einem automatisierten Klavier als interaktive mechanische Klanginstallation. Beim Springen auf einem Trampolin spielt das Klavier eine Komposition, basierend auf den Sprungdaten. Brinkmann ist Musiker und aktiv in der Band Tulips sowie tätig als Komponist und Sounddesigner im Film. Er beschäftigt sich mit der computergesteuerten Bearbeitung von Holz und ist neben der Gestaltung und Programmierung von Webseiten seit mehreren Jahren nebenberuflich als Dozent an der Kunstschule Monheim tätig.
Die beiden Künstler sind in der Regel als Einzelkünstler unterwegs. Für den Kunstautomaten haben sie sich als Künstlerduo zusammengetan.
Brandstifter Ist ein interdisziplinärer, konzeptueller Aktionskünstler. Seit den 1990er Jahren inszeniert er partizipative Projekte wie Die Eigene Partei, Die Soziale Plastik und Asphaltbibliotheque in Städten wie Berlin, Chicago, Graz, Köln, Mainz, Rajasthan und New York. Dabei arbeitet er in verschiedensten Techniken und Medien wie Collage, Copy Art, Konkrete Poesie, Buchkunst, Lyrik, Experimentelle Musik, Soundpoetry oder Performance. Er ist Vorsitzender des Mainzer Kunstverein Walpodenstraße 21 e.V. in der Walpodenakademie.
http://www.brand-stiftung.net/
Nikola Dicke erkundet als Zeichnerin und Malerin die Grenzen dieser Gattungen in installativen und performativen Settings. Sie studierte künstlerisches Lehramt und freie Kunst an der Kunstakademie Münster und schloss dieses Studium als Meisterschülerin von Ludmilla von Arseniew 2004 mit dem Akademiebrief ab. Seit 2006 arbeitet sie freiberuflich als Künstlerin und erhielt zahlreiche Kunstpreise, Stipendien und Förderungen im In- und Ausland.
www.nikoladicke.de
www.instagram.com/nikoladicke/
www.facebook.com/nikola.lichtzeichnerin/
Franziska Klötzler, Aquarell-Puzzle, 2021, Aquarell auf Karton, Aufl. 100, monogrammiert.
Franziska Klötzler interessiert sich besonders für Malerei, raumübergreifende und prozessorientierte Arbeiten sowie künstlerische Aktionen, die ein Angebot zur Partizipation machen. Inhaltlich beschäftigt sie sich dabei mit formalen Ordnungen, Räumlichkeit und sinnlichem Erleben in Prozess und Rezeption. Aufgegriffen werden Themen wie innere und äußere Transformation, Wandel von Struktur, Zerfall und Wiederaufbau von Form. Franziska Klötzler hat von 2008-2014 freie Kunst an der Kunstakademie Münster studiert und war ebenda Meisterschülerin im Jahr 2015. Sie ist Absolventin des Masterstudiengangs Künstlerische Therapien der Alanus Hochschule in Alfter. Seit 2011 gibt es Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland. Sie arbeitet als Künstlerin und Kunstvermittlerin unter anderem für das Kunstmuseum Bonn sowie als Kunsttherapeutin in einer Klinik bei Köln.
* 1965 in Dorsten
2008-2012 Studium an der Freien Akademie Essen fadbk/Hbk (Malerei und Grafik)
2012 Abschluss Meisterschülerin Prof. Stefan Paul Schneider
seit 2000 diverse Kunst/Kulturprojekte
seit 2009 Ausstellungen
Mit ihrer Edition „Pflanzenfarbe“ möchte die Künstlerin zu einem Spaziergang einladen: Das Eintauchen in die Kreisläufe der Natur, in einen Zyklus von Werden und Vergehen, ermöglicht Resonanzen, die weit über das Naturerleben hinausgehen können.
Luna Picciotto wurde 1985 in Köln geboren. Nach einem Studium in Kunsttherapie, einem Quereinstieg in die Schule und einem Wohnort in der Kulturfabrik Kalk, verbringt sie ihre Zeit mit Kunstunterricht, Seminaren, Musik und der Herstellung von kleinformatigen Plastiken.
Sie lebt und arbeitet in Köln. Anzutreffen ist sie dort als Lehrerin, Dozentin oder Musikerin. Beim Kunst machen ist sie am liebsten völlig unbeobachtet und freut sich sehr über die Vorstellung, dass jetzt das eine oder andere Objekt ein neues Zuhause bezogen hat.